Von Mainz nach München, Weinglas gegen Bierkrug für die Karriere. Eine Archivarin berichtet. Teil 3.

Archivar bei der Arbeit.

In der Hoffnung meine Motivation für das Berufsfeld des Archivars in Worte fassen und sowohl Familie als auch Freunden und Bekannten Rede und Antwort über meine Tätigkeit stehen zu können, ist dieser dreiteilige Blogeintrag mit dem Titel „Von Mainz nach München, Weinglas gegen Bierkrug für die Karriere. Eine Archivarin berichtet.“ entstanden (Teil 1 im Januar und Teil 2 in Februar 2019). Oftmals ist das Berufsfeld unbekannt, doch gewisse Vorurteile und Stereotypen verbinden viele Menschen mit den Worten: „Geschichtsstudent, Dokumente, Akten und Archiv“. Erläutert man kurz die berufliche Tätigkeit, bleibt bei vielen oft nur das hängen, was sie zuvor bereits über das Berufsfeld zu wissen glaubten: staubig, eintönig, kalte und dunkle Räumlichkeiten. Gern kommt dann ein salopper Spruch, wie: „Wenn du gern Ordner sortierst, kannst du gern auch mal bei mir zu Hause aufräumen.“ Dass es so leicht nicht ist, sollte inzwischen deutlich geworden sein, ein paar Antwortmöglichkeiten auf die gängigsten Stereotypen finden sich in diesem Beitrag.

Stereotype der Archivare:

„Archivare sind Einzelgänger und ihre Büroräume befinden sich im Keller.“

Auf dem Standort eines Archivs basieren die meisten Vorurteile gegenüber dem Berufsfeld, daher vorweg: nicht jedes Archivmagazin befindet sich im Keller. In Archiven finden sich nicht nur Papierstapel. Auch das ein oder andere Objekt findet den Weg ins Archiv. Je nachdem wie gut der Zustand der Räumlichkeiten ist (= stabile Böden, Schutz vor direkter Lichteinstrahlung, Lüftungsanlage etc.) können die Magazine auch überirdisch angelegt werden… man glaubt es kaum.

Als Archivar kommt man tatsächlich um das ein oder andere Kellerabteil nicht herum. So weit so gut. Für die Erhaltung der Archivalien sind lichtgeschützte und stetig temperierte Räumlichkeiten unabdingbar, dennoch sitzen und arbeiten die wenigsten Archivare ständig in diesen Archivmagazinen. Grundsätzlich empfehlen wir sogar, sowohl zum Schutz der Materialien als auch des Arbeitnehmers, das Archivmagazin und das Büro getrennt zu unterhalten.

Je nach Größenordnung des Archivs gibt es neben dem Archivar auch noch weitere Kollegen und Mitarbeiter. Besonders für Wirtschaftsarchivare ist der Kundenkontakt ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit. Berührungspunkte gibt es nicht nur mit Auftraggebern/Kunden, sondern auch mit den Mitarbeitern des zu betreuenden Unternehmens, die Unterlagen an das Archiv abgeben oder solche, die sich mit Suchanfragen an das Archiv wenden. Dieser Austausch macht wiederum die Kernaufgabe eines Archivs deutlich: Nutzbarkeit und Transparenz.

„Archivare arbeiten mit staubigen Aktensammlungen, die keiner mehr braucht.“

Archivchaos
Staub und Spinnen – Der Graus eines jeden Archivars.

„Archivare arbeiten mit staubigen Aktensammlungen, die keiner mehr braucht“ – Diese Aussage ist ein Klassiker unter den Stereotypen und beinhaltet eines der häufigsten Missverständnisse, mit denen sich Archivare konfrontiert sehen. Zunächst einmal: nicht jede Archivalie in einem Archivmagazin ist uralt und staubig. Archive bewahren Akten auf, die im alltäglichen Geschäftsgebrauch nicht mehr benötigt werden, die jedoch weiterhin eine Bedeutung für Geschichte und Selbstverständnis des Unternehmens behalten.

Hier zu nennen sind beispielsweise Marketingunterlagen der vergangenen Jahrzehnte, Kataloge und Broschüren, Akten der Rechtsabteilung und vieles mehr. Besonders für die Rechtsabteilung ist das Archiv immer auch eine Art Versicherung, mit der ehemalige Vorgänge, wie zum Beispiel Patentverhandlungen, nachvollzogen werden können. Im Archiv lagern daher – im Idealfall – nur die Bestände, die archivwürdig sind und die das zuvor gesteckte Ziel des Unternehmensarchivs unterstützen.

„Scannen geht doch schnell und kostet kaum Zeit!“

Das Thema Digitalisierung ist zwar ein äußerst wichtiges Thema, in der Archivwelt ist es aber noch nicht flächendeckend angekommen. Das mag an mangelnden Kenntnissen liegen, ist jedoch häufiger eine Frage der finanziellen und personellen Gegebenheiten eines Archivs. Klar ist: die Digitalisierung von Beständen ist nicht nur kosten-, sondern auch zeitintensiv. Die Erstellung und Speicherung von Scans haben im Archivbetrieb unterschiedlichen Nutzen. Zum einen stellen sie digitale Sicherungskopien dar, schützt die analogen Originaldateien und vereinfacht die Zugänglichkeit und Nutzung des Inhalts der Akte/des Fotos. Besonders in großen Unternehmensarchiven kommen die Bestände inzwischen gehäuft als „digital born data“ an. Sie liegen also nur noch digital und nicht notgedrungen analog vor. Diese Datensätze, ebenso wie die gescannten Bestände, müssen auf dem Server gespeichert, einer Signatur zugeordnet und im Idealfall in die Datenbank übertragen werden. Das kostet sehr viel Zeit, denn mit copy/paste ist es nur selten getan, denn es gilt: digitalisieren heißt nicht einfach speichern!

„Archivarbeit, ist das nicht super langweilig?“

Der Beruf der Archivare wird noch immer mit Langeweile, Staub und Eigenbrötelei verbunden. Die Definition von Langeweile liegt jedoch – wie immer – im Auge des Betrachters. Ich persönlich schätze die Kombination aus Team- und Einzelarbeit sehr, mag geregelte und strukturiere Prozesse und arbeite gerne gewisse Aufgaben unabhängig ab. Als Archivar gilt es Gegensätze zu überwinden und vermeintliche Grenzen aufzuweichen: aufbewahren vs. kassieren, Einzelarbeit vs. Kundenkontakt, Archivarbeit vs. Öffentlichkeitsarbeit. Besonders in Wirtschaftsunternehmen ist der Archivar stark in die Kommunikation des Unternehmens miteinbezogen und kommt so auch in den Genuss, das Archiv einem größeren Publikum vorzustellen, etwa in Form eines Newsblog-Eintrages oder im Rahmen eines Beitrages in der Mitarbeiterzeitschrift des Unternehmens. Wie vielfältig mein Beruf ist, hängt auch viel von dem persönlichen Engagement ab, angefangen bei der Auflösung von Stereotypen rund um das Archiv.

„So ein Archiv ist doch nur totes Papier, ohne Nutzen für das Unternehmen.“

BSH-Wiki Startseite
Archive richtig nutzen – etwa mit einem Online-Wiki.

Der Nutzen für das jeweilige Unternehmen ist vielseitig und hängt – wie so häufig schon angesprochen – mit der Zielsetzung des Unternehmens zusammen. Häufig wird das gesamte Archivprojekt durch ein anstehendes Firmenjubiläum angestoßen, anlässlich dessen das Unternehmen sich seiner Geschichte bewusst werden und diese nach außen hin präsentieren möchte. Damit zusammen hängt auch der Gedanke mit dem Archiv sogenanntes „History Marketing“ zu betrieben. Die Arbeit des Archivs kann daher sowohl Werbung für den Kunden sein als auch gleichzeitig den eigenen Fortbestand sichern. Je mehr Aufmerksamkeit das Archiv als Einrichtung bekommt – beispielsweise durch eine Vielzahl an (Recherche-) Anfragen –, desto größer ist auch die Reichweite der im Archiv lagernden Informationen, was wiederum Werbung für das Unternehmen selbst bedeutet.
Ein jedes Archiv hat einen Nutzen und ist im Nutzerinteresse ausgelegt. Archivaren geht es nicht um das Sammeln und Aufbewahren des Sammelns wegen, sondern die archivierten Bestände sollen aus ihrer Versenkung geholt und genutzt werden.

Sicherlich gibt es noch viele weitere wichtige Punkte zu allen Beitragsthemen der letzten Wochen. In meinem Blogeintrag ging es vermehrt um persönliche Eindrücke und Erfahrungen sowie um ein lockeres Umgehen mit Vorurteilen. Zum Glück hat nicht jeder Mensch die gleichen Interessen und zum Glück muss nicht jeder alles verstehen bzw. das Interesse für bestimmt Themengebiete teilen können. In der Hoffnung dennoch ein bisschen Licht ins Dunkel gebracht und Interesse am Archivwesen geweckt zu haben!


Das BSH-Wiki erreicht 400.000 Besucher

Unser Wiki zur Geschichte der BSH Hausgeräte GmbH hat mittlerweile insgesamt mehr als 400.000 Besucher!

Zum 50. Jubiläum der BSH Hausgeräte GmbH 2017 ging das Geschichtswiki über die Historie des bekannten Hausgeräteherstellers online. Das von Neumann & Kamp erstellte und frei im Internet zugängliche BSH-Wiki präsentiert detailliert die Firmen- und Markengeschichte.

250.000 Besucher haben bisher die deutsche Version des Geschichtswikis besucht, bei der englischen Version waren es über 150.000 Besucher. Die Zahlen zeigen: ein Besuch lohnt sich!

Hier der Link zum deutschen BSH-Geschichtswiki.

Und hier der Link zum englischen BSH-Geschichtswiki.


Asterix, Maus, Prinz Eisenherz und Co.– Geschichte im Comic

Geschichte im Comic: kleine Auswahl an Comics mit Geschichtsbezug.

Gezeichnete Geschichte

Erfreulicherweise wächst in Deutschland mittlerweile das Angebot an Comics. Entsprechende Auslagen im Presseshop am Bahnhof fristen kein Nischendasein mehr. Auch die Einschätzung, dass es sich bei Comics in erster Linie um ein Medium für Kinder und Jugendliche handelt, das schlichte und oberflächliche Geschichten erzählt, scheint zu bröckeln.1 Vielen Comics lässt sich eine gewisse Belanglosigkeit – was nicht, so der „klassische“ Vorwurf gegen Comics, mit einer Verdummung der Leser gleichzusetzen ist – bescheinigen. Allerdings existieren genügend komplexe und anspruchsvolle Comics, die die verallgemeinernde Einschätzung widerlegen.2

Viele Comics transportieren auf unterschiedliche Art und Weise einen historischen Inhalt, mal vielschichtig, mal relativ simpel. Es sind gewissermaßen Geschichtscomics. Dazu eine kleine, unvollständige Auswahl: Die Universität Basel veröffentlichte zu ihrem 550. Geburtstag einen Comic – Unsere Universität –, der die Gründungsgeschichte der altehrwürdigen Hochschule erzählt. Die Allianz sponserte etwa zwanzig Jahre lang die Comicreihe Max und Luzie, in der die beiden namensgebenden Kinder gemeinsam mit einem chaotischen Erfinder durch die verschiedenen Epochen der Menschheitsgeschichte reisen. In Alpha: Directions werden gleich mehrere Milliarden Jahre Geschichte höchst eindrucksvoll abgehandelt. Etwas weniger umfassend dafür umso witziger ist The Cartoon History of the Universe. Auch Comic-Biografien gibt es, etwa zu Johnny Cash oder Nick Cave. Doch was macht einen Comic zu einem Geschichtscomic? Reicht dafür das bloße Auftreten einer historischen Persönlichkeit, oder ist die Auseinandersetzung von Autor und Zeichner mit der historischen Materie ausschlaggebend für diese Kategorisierung? Hal Foster z. B., der Schöpfer von Prinz Eisenherz, stand in den vier Jahrzehnten, in denen er an dem Comic arbeitete, in ständigem Kontakt mit Forschern, um der Serie möglichst viel Authentizität zu verleihen.3

Arten von Geschichtscomics

Der Germanist und Historiker Bernd Dolle-Weinkauff schlägt eine Unterscheidung in drei Arten von Geschichtscomics vor. Als erste Gruppe nennt Dolle-Weinkauff Fiktionen, bei der Geschichte lediglich als Dekor genutzt wird. Berühmtestes Beispiel hierfür dürfte wohl der Gallier Asterix sein. Bei dessen Abenteuern werden historische Versatzstücke verwendet, die im Zusammenspiel mit Anachronismen, wie etwa im Stau stehende Touristenmassen, als „Gaglieferant“ dienen. Die zweite Gruppe umfasst Comics, die einen historisch dokumentarischen Anspruch besitzen, oft verbunden mit einer bestimmten Intention. Dazu zählt z. B. Art Spiegelmanns Maus, der den Holocaust und die Erinnerung daran dokumentiert. Spiegelmann: „I need to show the events and memory of the Holocaust without showing them. I want to show the masking of these events in their representation.“4

Die dritte Gruppe umfasst Comics, die in ihrem Stil historischen Romanen ähneln: Frei erfundene Geschichten werden in einer (pseudo-)historischen Epoche angesiedelt, wie beispielsweise der eingangs erwähnte Prinz Eisenherz von Hal Foster. Die Geschichte spielt hier im 5. Jahrhundert, obwohl das Setting eher dem Hochmittelalter entsprungen zu sein scheint. Natürlich ist dies nur eine von vielen Kategorisierungsversuchen und es existieren dabei keine festen Grenzen, dafür aber zahlreiche Mischformen.5

Komplexe Herausforderung

Comicautoren beziehungsweise -zeichner von historisierenden Comics stehen im Allgemeinen vor der Herausforderung, einen historischen Sachverhalt, der teilweise auch noch dem Leser bekannt ist, als geschlossene Geschichte zu präsentieren. Es geht also in der Regel nicht darum, neue historische Erkenntnisse zu vermitteln, sondern „Geschichte“ spannend zu erzählen. Schließlich soll ein Comic vor allem unterhalten. Die Bildungsfunktion ist meistens zweitrangig. Nichtsdestotrotz können Comics zur Verbreitung von historischen Kenntnissen beitragen und durchaus eine pädagogische Wirkung erzielen.6

Und sie funktionieren natürlich auch als unterhaltsames Werbemittel. Unternehmen können Geschichtscomics nutzen, um ihre Gründungsgeschichte, frühe Persönlichkeiten oder wichtigen Erfindungen zu präsentieren. Gestalterisch sind kaum Grenzen gesetzt.

Geschichte im Comic: Archis bei der Arbeit: Dr. Meal, Miss Birdie und Rasnag.

(Auch über die Arbeit von N&K-Archivaren lässt sich ein Comic gestalten.)

Geschichte in Wort und Bild

Wichtig: Der Leser muss sich in die erzählte Geschichte hineinversetzen können. Es geht nicht um das Wissen, um die Ereignisse, sondern um das Erleben der Ereignisse.7

Im Unterschied zur Geschichtsschreibung wird im Comic Geschichte in Bildern erklärt und umgesetzt, die keine authentische Wiedergabe der Vergangenheit, sondern visuelle Rekonstruktionen darstellen.8 Ein Comic „funktioniert“ durch das Zusammenwirken von Wort und Bild: Was das Bild nicht erklärt, wird durch Dialog und Text erklärt und umgekehrt. Davon abgesehen muss auch der Historiker, der in seiner Rekonstruktion der historischen Wirklichkeit dem Prinzip der Überprüfbarkeit gehorchen soll, auf fiktive Elemente zurückgreifen. Dafür kann der Historiker unklare Positionen konkreter benennen und kennzeichnen. Das ist im Comic nur schwierig umzusetzen. Der Comicautor ist mehr oder weniger dazu gezwungen, sich für eine Geschichtsinterpretation – die allerdings nicht der gängigen Meinung entsprechen muss – zu entscheiden. Gleichzeitig besteht natürlich die Gefahr, dass der ggf. von einem Comic vertretene Anspruch auf Authentizität nicht der historischen Wirklichkeit entspricht. Eine solche Täuschung muss nicht absichtlich geschehen. Denn eine historische Persönlichkeit lässt sich zwar relativ einfach abbilden, ihre Darstellung im historischen Kontext ist aber um ein Vielfaches schwieriger, da ihr Umgang darin prinzipiell unbekannt ist. Letztlich ist es allein dem Leser mit seinem jeweiligen kulturellen Hintergrund überlassen, wie er die in Text und Bild dargestellte Geschichte interpretiert. Er kann dabei die Möglichkeit zur nachträglichen und wiederholten Überprüfung nutzen, die ihm das Medium Comic bietet.9 Der Leser verzeiht einem Comic vielleicht auch eher eine historische Ungenauigkeit, als er es bei einem Film getan hätte.

von Tobias Birken
München, März 2019

Mehr zu dem Thema:

Stephan Ditschke: Comic als Literatur. Zur Etablierung des Comics im deutschsprachigen Feuilleton seit 2003, in: Daniel Stein, Katerina Kroucheva, Stephan Ditschke (Hg.): Comics. Zur Geschichte und Theorie eines populärkulturellen Mediums, Bielefeld 2009, S. 265–280.

Bernd Dolle-Weinkauff: Jugurthas zweiter Fall. Die Vermittlung von Geschichtsbildern über Bildergeschichten ist möglich, in: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, H. 20 (1986), S. 654–659. Gerald Munier: Geschichte im Comic. Aufklärung und Fiktion? Über Möglichkeiten und Grenzen des historisierenden Autorencomic der Gegenwart, Hannover 2000. Andreas Platthaus: Die 101 wichtigsten Fragen. Comics und Manga, München 2008. Stefan Wolfinger: Von Karl Marx bis Carl Barx. Comics und Geschichte, Wien 1999 ( = Neue Aspekte in Kultur- und Kommunikationswissenschaft, Bd. 15) James E. Young: The Holocaust as vicarious past: Spiegelman’s Maus and the afterimages of history, Critical Inquiry 24.

Anmerkungen

1) Vgl. dazu besonders Ditschke: Comic als Literatur, S. 265–280.

2) Vgl. Platthaus: Die 101 wichtigsten Fragen. Comics und Manga, S. 13 f.

3) Vgl. Munier: Geschichte im Comic, S. 18.

4) Young: The Holocaust as vicarious past, S. 687.

5) Dolle-Weinkauff: Jugurthas zweiter Fall, S. 654–659.

6) Vgl. Wolfinger: Von Marx bis Barx, S. 78.

7) Ebd., S. 74.

8) Ebd., S. 117.

9) Ebd., S. 73, S. 88.


Neuer Artikel im DATEV-Magazin


Was hat der utopische Roman „Looking Backward“ aus dem Jahr 1888 mit der Kreditkarte zu tun? Und wie entwickelte sich das bargeldlose Zahlen?

Diesen und weiteren Fragen ist Neumann & Kamp in der Februar-Ausgabe des DATEV-Magazins, für das wir seit rund zwei Jahren regelmäßig Beiträge verfassen, nachgegangen. Sie können sich den Artikel hier auf unserer Seite downloaden und die Geschichte nachlesen. Wir wünschen viel Vergnügen bei der Lektüre.


Von Mainz nach München, Weinglas gegen Bierkrug für die Karriere. Eine Archivarin berichtet. Teil 2.

Im ersten Teil meines Beitrags „Von Mainz nach München, Weinglas gegen Bierkrug für die Karriere. Eine Archivarin berichtet.“ ging es um die unterschiedlichen Archivarten, mit Fokus auf den Zweig der Unternehmensarchive. Wie bereits in Teil 1 erwähnt, unterscheiden sich die grundlegenden Aufgaben der Archivare nicht übermäßig, variieren jedoch je nach Tätigkeitsbereich. Eine Auswahl dieser Aufgaben soll in diesem Beitrag vorgestellt werden.

Aufgaben eines Archivars

Mit der steigenden Bedeutung der Digitalisierung, hat sich auch das Aufgabenfeld eines Archivars in den letzten Jahren erweitert. Kernaufgaben sind nach wie vor das Sichten und die Bewertung von Unterlagen, das Kassieren (= salopp: wegwerfen), die Verzeichnung und die Instandhaltung des Archivmagazins (= der Raum, in dem die analogen Unterlagen verwahrt werden). Erweitert haben sich die Aufgaben im Hinblick auf die digitalen Bestände und die Retrodigitalisierung. Die Akten und Materialien kommen inzwischen vermehrt als „digital born data“, also als bereits im Geschäftsbetrieb digital entstandene elektronische Datensätze, im Archiv an, bedürfen jedoch der gleichen Behandlung: Sichtung, Bewertung und Verzeichnung. Um für analoge Unterlagen einen besseren Zugriff zu gewährleisten bzw. besonders wertvolle Stücke bei ständiger Nutzung zu schützen, werden außerdem viele Akten retrodigitalisiert. Die Menge an digital verfügbaren Informationen steigt somit zunehmend. Im Folgenden nun eine Erläuterung der einzelnen Tätigkeiten:

Sichtung

Die Sichtung analoger vs. digitaler Archivbestände unterscheidet sich in der Vorgehensweise zwar kaum, doch der Arbeitsaufwand kann erheblich schwanken. Keine Frage: ein analoges Archiv kann aus unglaublich viel Papier bestehen, dessen Durchsicht eine Menge Aufwand erfordert. Dennoch sind Kopien analoger Akten von den Originalen vergleichsweise einfach zu unterscheiden, von denen meist zwei bis drei Exemplare aufgehoben werden können, der Rest wird kassiert. In der digitalen Welt ist nicht nur die Unterscheidung von Kopien und Originalen sehr viel schwieriger, auch ihr Ursprung (= Herkunft, Abteilung, Übergabezeitpunkt) ist nachträglich manchmal schwerer nachvollziehbar. Hinzu kommen Formatprobleme – manche Dateien sind nach relativ kurzer Zeit schon nicht mehr zu öffnen, weil die entsprechenden Programme nicht mehr existieren und es Kompatibilitätsprobleme gibt.

Altes Archiv

Bewertung

Bei diesem Arbeitsschritt ist die wichtige Frage zu klären, was überhaupt archiviert werden soll. Die Bewertung erfolgt nach den mit dem jeweiligen Auftraggeber abgesprochenen Zielsetzungen, basierend auf allgemeinen und fachlich anerkannten Bewertungsgrundsätzen. Daher ist ein Archivkonzept in Abstimmung mit dem Kunden einer der wichtigsten Schritte. Auf diese Weise kann die Bewertung der Unterlagen (sowohl analog, als auch digital) in einem abgestimmten Rahmen vollzogen, Bestände gebildet und eine Bestandsgliederung (= Tektonik) herausgearbeitet werden. Einhergehend mit der Bewertung geht, wie oben genannt, auch das Kassieren.

Reinigung und Verpackung

Wellige oder schiefe LEITZ-Ordner, herausgerissene Seiten und Klarsichtfolie wohin das Auge reicht. Akten sind zwar geduldig, doch das Lagern in feuchten Kellern oder auf zugigen Dachböden hinterlässt selbst auf den einst stabilsten Ordnern seine Spuren. Wasserschäden und Schimmel gehören zweifelsohne zum „worst case“, doch auch unscheinbare Schäden können große Wirkung auf den Erhaltungszustand der Materialien haben. Ein akutes Problem ist sowohl das wellige und brüchige Papier als auch die Rostschäden, die durch Tacker- und Büroklammern verursacht wurden. Folien mit Weichmachern kleben manchmal schon nach kurzer Zeit am Papier fest, altes Faxpapier ist nach wenigen Jahren schon nicht mehr lesbar und muss daher im Archivbetrieb auf „normales Papier“ kopiert werden. Beim Verpacken gilt
i. d. R.: ein Ordner = eine Archivakte. Das von Klammern, Folien o. ä. befreite Papier wird in säurefreie Archivmappen verpackt und die Informationen des einstigen Ordners auf die Mappe übertragen, auf diese Weise geht keinerlei Information verloren und die Materialien sind vor dem Verfall geschützt. Anders als bei den analogen Akten müssen elektronische Daten nicht mehr von rostigen Klammern befreit und aus ihren zerfallenen Ordnern befreit werden. Doch auch die digitalen Datensätze müssen „verpackt“ und wieder auffindbar sein. Die sogenannte Signatur gewährleistet den thematischen Zusammenhang der Digitalisate – mittels Signatur sind diese mit der Verzeichnung in der Archivdatenbank verknüpft. Bei digitalem Schriftgut ist es zudem ebenso wichtig, sicherzustellen, dass eine Änderung der Dateien (beispielsweise einer PDF-Datei) im Nachhinein nicht möglich wird. Das PDF/a-Format gewährleistet dieses sogenannte revisionssichere Dateiformat zum Beispiel für textuelle Dokumente.

Entfernen von Eisen und Rost

Verzeichnung

Die inhaltliche Erfassung ist meines Erachtens eine der zeitaufwendigsten und kniffligsten Aufgaben für einen Archivar. Die Verzeichnung muss einen Überblick über alles im Archiv Aufbewahrte enthalten und soll zudem detailliert sein, wobei Zeit- und Kostengründe einer hohen Verzeichnungstiefe meist entgegenstehen. Die Entscheidung wie detailliert verzeichnet werden sollte und muss, ist anfangs oftmals eine Schwierigkeit, die sich – wie alles andere auch – mit wachsender Routine einspielt. Ein Beispiel für die Bedeutung des richtigen Verzeichnens: In einem Archiv befinden sich ca. 400 Mitarbeiterzeitschriften. Eine Rechercheanfrage möchte Auskunft über alle Artikel bezüglich eines jährlichen Events erhalten. Mittels der Verzeichnung des Bestandes können wir im Idealfall nicht nur das Event per Suchfunktion finden, sondern dem Anfragenden auch Auskunft über weitere, im Archiv verfügbare Ausgaben geben.

Digitalisierung / Scannen

Scannen selbst ist erstmal kein technisches Hexenwerk, auch wenn die Verzeichnung der Scans (ganz wichtig!) in der Archivdatenbank zeitaufwendig ist. Wichtig ist vor allem das Format in dem die Digitalisate in Zukunft zur Verfügung stehen sollen. Neben revisionssicheren Dateiformaten (siehe Punkt Verpackung) ist es ebenso wichtig, ein gängiges und fachlich anerkanntes Dateiformat zu wählen. Von PDF/A-Dateien erhofft die Archivwelt sich, dass dieses Format auch in Zukunft noch gängig ist. Bei Fotodateien speichern wir grundsätzlich im TIFF-Format ab und versuchen JPEG-Formate zu vermeiden. In diesem Zusammenhang steht auch die Frage nach genügend Speicher- und Serverkapazität, die, angesichts des immer größer werdenden Umfangs digitaler Dateien, stetig erweitert werden muss. Die Sicherung von Mail-Verläufen, Sicherheitskopien, Back-Ups, die Vergabe von Zugangsrechten und das Problemfeld Datenschutz sind alltägliche, zeitaufwendige und noch immer nicht vollkommen ausgeklügelte Themen, die mit der Digitalisierung zusammenhängen. Die Tätigkeiten eines Archivars sind keineswegs so eintönig, wie sie oftmals dargestellt werden, dies sollte durch die obige Aufführung deutlich gemacht werden. Trotz differenzierter Erklärung der Tätigkeit, bleibt die Archivwelt für die Meisten jedoch nach wie vor fremd. Letztlich kommt es natürlich darauf an, dass die eigenen Erwartungen erfüllt werden und die Arbeit Spaß macht. Dennoch ist es immer wieder schön, Fragenden oder gar Skeptikern fundiert Rede und Antwort stehen zu können und Stereotypen zu entkräften.
Mehr dazu im dritten Teil „Stereotypen eines Archivars“, der im April online gestellt wird.

München, Februar 2019


Das Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk (EJF) hat unser Berliner Büro zum Neujahrsempfang in das Diakoniezentrum Heiligensee eingeladen.

Auf der Veranstaltung referierte Dr. Matthias Georgi als Gastredner über die 125-jährige Geschichte des EJF. In seinen Ausführungen stellte er vor allem die stetige Veränderung der Sprache im Bereich der Sozialen Arbeit vor, etwa am Beispiel der Beschreibung von Behinderung oder sozialer Benachteiligung. Im Anschluss eröffneten Mitglieder des EJF die neue Wanderausstellung, die von Neumann & Kamp umgesetzt wurde. Die Ausstellung soll in den Einrichtungen der EJF in Brandenburg, Berlin, Bayern, Sachsen-Anhalt und Nordrheinwestfalen gezeigt werden. Begleitend zur Ausstellung wurde eine Sonderausgabe des Magazins „EJF aktuell“ präsentiert, das als eine Art historisches Lexikon dient.



200 Jahre ALTE LEIPZIGER


Unser Zeistrahl, den wir für die ALTE LEIPZIGER Versicherung erstellt haben, wächst beständig weiter. Nun sind Teil 2 (1910–1945) und Teil 3 (1946–1973) online abrufbar.

Neben der spannenden Geschichte zur ALTEN LEIPZIGER wird der Fokus auf die Kontextgeschichte der einzelnen historischen Zeitabschnitte gelegt. Damit können die bedeutenden Zäsuren des Unternehmens historisch besser verortet werden. Mit spielerischer Leichtigkeit können Sie sich auf diesem digitalen Zeitstrahl durch die Geschichte klicken. Abgerundet werden die schriftlichen Zeugnisse mit Bildmaterial aus dem hauseigenen Archiv, wodurch die Geschichte der ALTEN LEIPZIGER eindrucksvoll erlebt werden kann. Wir wünschen viel Vergnügen!


Von Mainz nach München, Weinglas gegen Bierkrug für die Karriere. Eine Archivarin berichtet.

In der heutigen Zeit ist es nicht weiter erstaunlich für das Studium oder den Job umzuziehen, trotzdem fiel mir der Schritt vergleichsweise schwer. Nachdem ich mein Geschichtsstudium an der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität abgeschlossen hatte, zog ich im November 2018 nach München, frei nach dem Motto: man geht dorthin, wo man Arbeit findet. Ganz so negativ empfand ich diese Veränderung jedoch nicht, da München insgeheim schon von klein auf die Stadt meiner Träume war. Mainz war im Laufe meiner Studienzeit mein Zuhause geworden, jetzt war München das Mekka meiner beruflichen Zukunft. Nach einer zweiwöchigen Hospitanz bei Neumann & Kamp Historische Projekte wurde mir im August 2018 eine Stelle als Archiv-Volontärin angeboten. Damit war der Jackpot für mich perfekt: ein erfolgreich abgeschlossenes Studium, ein Folge-Job im Bereich meines Studiums und eine Stelle in der Stadt meiner Träume. Ich wagte also den großen Schritt von Rheinland-Pfalz nach Bayern. Damit fiel eine große Last von meinen Schultern (welcher Hochschulabsolvent kennt die nicht?) und nahm allen Skeptikern den Wind aus den Segeln, die mich und meine Studiums-/Berufswahl belächelt haben.

„Du studierst Geschichte? Was machst du später dann damit?“

Jeder Geschichtsstudent1 wird diese Frage im Lauf des Studiums schon einmal gehört haben. Oft fällt eine Antwort darauf nicht so leicht, denn das Berufsfeld von Historikern ist nicht nur breit gefächert, sondern die Geschichtswissenschaft ist für viele Außenstehende noch immer unzugänglich und unverständlich. Von der Arbeit in der Forschung über die Museumspädagogik bis zu einer Tätigkeit in der Archivwelt ist mit unserem Abschluss alles – und nichts – möglich. Es kommt, wie immer, auf die richtigen Chancen, persönliche Motivation und Fleiß an. Zunächst einmal war auch ich ratlos, wie man mit einem Geschichtsabschluss in der Berufswelt Fuß fassen könnte und auch die Kommilitonen aus den höheren Semestern schienen darauf keine klare Antwort zu haben. Ein vierwöchiges Praktikum im Stadtarchiv Rüsselsheim eröffnete mir schließlich die Welt des Archivwesens, die während meines Geschichtsstudiums – wenn überhaupt – nur am Rande thematisiert wurde.

„Du bist Archivarin? Was machst du damit und ist das nicht langweilig, allein im Keller zu sitzen?“

Kaum wusste ich, was ich mit meinem Geschichtsabschluss anfangen wollte, wurde mir klar, dass die Archivwelt noch mehr Fragen hervorrief, als die Geschichtswissenschaft. Ich möchte versuchen, diese Fragen in drei Beiträgen zu beantworten und damit nicht nur inspirieren, über den Tellerrand des Geschichtsstudiums hinauszublicken, sondern womöglich auch anderen Archivanwärtern Antwortmöglichkeiten für die nächste Familienfeier geben. Irgendein Fest steht immer vor der Tür!

Neben den persönlichen Ambitionen, Karriere im Archivwesen zu machen, möchte ich auch über die Tätigkeiten und Strukturen im Archivalltag berichten:

 

1. Archivarten

  • Wirtschafts- und Unternehmensarchive
  • (Herrschafts-) und Familienarchive
  • Kommunalarchive
  • Landes- und Staatsarchive (= staatliche Einrichtungen)
  • Kirchenarchive
  • Medienarchive
  • Verbands- und Parteiarchive

Da ich als Archivarin bei Neumann & Kamp für Archivdienstleistungen für Unternehmen und für Privatpersonen zuständig bin, wird der Fokus des Beitrags sich ausschließlich auf diesen Zweig der Archivtypen beschränken. Die grundlegenden Aufgaben eines Archivars (dazu mehr in Beitrag 2) unterscheiden sich in den einzelnen Archivarten zwar nicht übermäßig, doch jede Fachgruppe hat eigene Schwerpunkte, denen sich der beauftragte Archivar zu widmen hat. Die Archivarbeit in Unternehmensarchiven ist vielseitig, denn als Dienstleister begleiten wir unseren Kunden von der Erstberatung und -sichtung, über die Zielsetzung und Gestaltung bis hin zur dauerhaften Betreuung und Pflege des Archivs. Darüber hinaus sind wir auch für bereits bestehende Unternehmensarchive tätig, in denen es Verzeichnungsrückstände aufzuholen und den täglichen Archivbetrieb zu sichern gilt. Im Rahmen meiner Tätigkeit arbeite ich daher in und mit den unterschiedlichsten Archivformen und -zuständen, was die Arbeit abwechslungsreich hält und keine Langweile aufkommen lässt (Stichwort: Stereotypen, Beitrag 3).

Unternehmen sind, im Gegensatz zu staatlichen Einrichtungen, nicht dazu verpflichtet, nach Ablauf der vorgeschriebenen Aufbewahrungspflichten zu archivieren. Dies führt in vielen Unternehmen dazu, dass eine allgemeingültige Abgaberichtlinie zur Abgabe von Dokumenten an das Unternehmensarchiv fehlt oder intern nicht bekannt ist. Hierdurch kann es häufig zu Lücken in der Überlieferung kommen. Ihren Ursprung haben Unternehmensarchive oft in dem Wunsch der Verantwortlichen, die Unternehmensgeschichte zu rekonstruieren bzw. die Dokumentation einer solchen Darstellung gewährleisten zu können. Für mich ist es ein großer Motivationsfaktor, Unternehmen darin zu unterstützen, ihre Historie aufzuarbeiten, sich dieser bewusst zu werden und sie beispielsweise für „History Marketing“ nutzen zu können. Um der eigenen Unternehmensgeschichte eine Basis zu verleihen, werden Schriftgut, Bilder, Tonträger o. ä. oft ohne Systematik gesammelt und in unterschiedlich ausgeprägter Form aufbewahrt.

Häufig ist der physische Grundstein des Archivs ein leeres Büro oder ein Keller, in dem Aktenordner aufbewahrt werden, nachdem die Unterlagen im täglichen Geschäftsbetrieb nicht mehr benötigt werden und die Fristaufbewahrung abgelaufen ist. Sobald Akten nicht länger gebraucht werden, verstauben sie zunächst in den Büroregalen, bis sie entweder weggeworfen oder in das „Archiv“ gebracht werden. Ergänzt wird dieses häufig auch durch Abgaben, wenn ein Mitarbeiter in den Ruhestand geht – dessen „Erbe“ wird dann zum „Archivbestand“ hinzugefügt. Dass ein richtiges Archiv aber aus mehr als lediglich einem Kellerabteil mit Aktenordnern besteht, wird den Kunden häufig aber erst nach unserer gemeinsamen Sichtung bewusst. Dies macht mir persönlich deutlich wie wichtig unsere Arbeit und die Kommunikation dieser ist. Der erste Schritt eines jeden Archivars ist demnach, sich zuallererst einmal ein Bild über die Inhalte des Archivs zu machen. Je nach Vorstellung des Kunden wird dann eine Strategie erarbeitet. Von dem Ziel bzw. der Idee eines „vollständigen Archivs“ muss der Kunde sich meist gleich zu Beginn wieder verabschieden, da ein Archiv am ehesten mit einem organischen Prozess vergleichbar ist: es wächst in einem aktiven Unternehmen immerzu und bedarf daher stetiger Pflege. Dennoch müssen bereits für die Ausarbeitung eines ersten Konzepts grundlegende Fragen erörtert werden: Was soll gesammelt werden? Was soll durch das Archiv gewährleistet sein und worin besteht sein Zweck? Geht es lediglich um die Historie oder sind auch aktuellere Vorgänge wichtig? Sowohl bei Konzeption als auch bei der Beantwortung dieser Fragen stehen wir unseren Auftraggeber beratend zur Seite, denn aufgrund des in der Regel fremden Themengebiets „Archiv“ ist unsere Expertise für unsere Kunden unerlässlich. Sind alle grundsätzlichen Fragen geklärt, u. a. die Finanzierung des Projekts, geht es an die Arbeit, frei nach dem Motto: „ran an den Speck“.

Mehr zu den Aufgaben eines Archivars im kommenden Beitrag.

 

München, Januar 2019

1. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht.

 


200 Jahre ALTE LEIPZIGER


In Zusammenarbeit mit der Hamburger Agentur hsn hat Neumann & Kamp ein weiteres digitales Projekt umgesetzt.

Für die Versicherung ALTE LEIPZIGER – HALLESCHE ist ein Online-Zeitstrahl eingerichtet worden. Damit lässt sich die Geschichte der 200 Jahre alten Versicherung digital erleben. Neben zahlreichen Bildern, die aus dem hauseigenen Archiv stammen und für die Nutzung im Internet aufbereitet wurden, beschreiben kurze und informative Texte die historische Entwicklung des Unternehmens. Zusätzlich runden allgemeine historische Informationen die Entdeckungsreise über die ALTE LEIPZIGER-Versicherung ab. Schauen Sie vorbei und entdecken Sie Versicherung neu.


Warum Firmengeschichte?

Seit 17 Jahren schreiben wir Unternehmensgeschichten, mehr als 200 Projekte haben wir bereits realisiert. Mit vorliegendem Post eröffnen wir den Neumann & Kamp-Blog, der über abgeschlossene und zukünftige Projekte informieren soll, über Methoden unserer Arbeit sowie über Ideen für Geschichtsschreibung und Archivarbeit. Regelmäßig – wir planen einmal pro Monat – werden wir hier Texte präsentieren, in denen wir verschiedene Aspekte unserer Arbeit reflektieren.

Welchen Nutzen hat Geschichte überhaupt für eine Firma?

Diese grundsätzliche Frage wird uns immer wieder gestellt. Wir greifen hier Antworten heraus, die auf die meisten Unternehmen zutreffen.

Unternehmensgeschichte schafft Identität.

Unternehmen sind komplexe Gebilde mit gewachsenen Strukturen, oft mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit einer großen Anzahl an Kundenkontakten und einer breitaufgefächerten Produktpalette. Zu wissen, woher man kommt, wie die Anfänge des Unternehmens aussahen und wie sich alles entwickelt hat – das trägt ohne Frage dazu bei, die Komplexität herleiten zu können und damit besser zu verstehen. Zugleich wird eine gemeinsame Identität geschaffen. Aus dem Wissen um die Geschichte entsteht ein gewisser Stolz. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können stolz sein auf die Erfolge der Firma.

Unternehmensgeschichte schafft ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl.

Interessant ist, dass Unternehmensgeschichte mehrfach funktioniert. Geschichte kann beispielsweise eine Gemeinschaft bilden: Wir sind ein Team, bestehend nicht nur aus der heutigen Belegschaft, sondern darüber hinaus aus früheren Kolleginnen und Kollegen seit der Gründergeneration. Die Unternehmensgeschichte bildet das übergeordnete Ganze ab, das alle Mitwirkenden gemeinsam geschaffen haben. Geschichte wird zu einem Teil der internen Kommunikation untereinander, mit ihr schafft und pflegt man die Unternehmenskultur.

Unternehmensgeschichte zeigt Qualität.

Geschichte wirkt auch in der Kommunikation nach außen: Das Unternehmen präsentiert seine Erfolgsgeschichte, auf die es zu Recht stolz ist. Ein Hausgerätehersteller, der seit vielen Jahrzehnten Staubsauger erfolgreich weiterentwickelt, und das mittels Historie aufzeigt, kann seinen Kundinnen und Kunden glaubhaft vermitteln, auch heute auf dem neuesten Stand der Technik zu sein.

Unternehmensgeschichte als Zeichen für Verantwortung.

Erfolge und die Nachhaltigkeit von Erfolgen stehen im Zentrum einer Firmengeschichte. Doch es ist genauso wichtig, auch problematische Aspekte der Geschichte zu recherchieren und offen anzusprechen. Hierbei kann es sich um Krisenzeiten, gescheiterte Produkte oder Phasen von Missmanagement handeln. Auch die Firmengeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus zählt dazu. Unsere Erfahrung ist: Es ist gut, mit Problemen in der Vergangenheit offen umzugehen. Man zeigt Verantwortung und moralische Integrität. Ein Unternehmen, das sich den Problemen stellt und sie auch gemeistert hat, erweist sich als entwicklungsfähig und vertrauenswürdig.

Dieser Beitrag soll ein erster Gedankenanstoß zum Thema Firmengeschichte sein. In späteren Blogbeiträgen werden wir viele Aspekte unserer Arbeit im Detail betrachten. Wie gesagt: ein erster Aufschlag, wir freuen uns auf Kommentare.

Michael Kamp (kamp.michael@historische-projekte.de) und Matthias Georgi (georgi.matthias@historische-projekte.de)

Zu den Bildern: Auch Neumann & Kamp hat schon eine beachtliche Firmengeschichte. Hier ein Blick in unsere Vergangenheit: Im Jahr 2008 haben wir für das Münchner Unternehmen Rohde & Schwarz die Geschichte recherchiert und eine Chronik verfasst. Das Unternehmen ließ „ihre“ Historiker für das Mitarbeitermagazin „inside“ portraitieren. Michael Kamp und Matthias Georgi haben damals das Projekt gemeinsam durchgeführt und sind hier bei der Arbeit zu sehen.

München, Januar 2019

 


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